Jubeltag in Engelthal
Unsere Reise beginnt am 1. Mai im Kloster Engelthal, von wo P. Notker und sein Fahrer Richtung Polen abfahren. Bereits hier beginnen festliche Tage, denn der 1. Mai (Fest Josef der Arbeiter) läutet in Engelthal wie anderswo nicht nur den Marienmonat ein, sondern er ist bei den Benediktinerinnen auch der Jubiläumstag der Wiederbelebung des Klosters nach dem Zweiten Weltkrieg. 1962 zog eine Gemeinschaft aus dem Mutterkloster Herstelle in Engelthal ein. Nach Mittagshore und festlichem Essen beginnt die Fahrt nach Opole, wohin P. Notker bereits vor rund eineinhalb Jahren Kontakt aufgenommen hatte.
Bei den Nazarethschwestern in Goppeln
Für unsere Mission haben wir die Nazarethschwestern in Goppeln um Hilfe gebeten, die uns für zwei Übernachtungen aufnehmen. Wir erhalten mitten in ihrem schönen Garten das St. Antonius-Haus, eine kleine Eremitage mit zwei Einzelzimmern. In Goppeln leben franziskanische Drittordensschwestern, die – ausgehend von Dresden – seit den 1920er Jahren karitative Dienste leisten. Die Gründerin, Sr. M. Augustina Schumacher, stammt aus dem Rheinland und wird am 8. Mai 1945 (!) von einem russischen Soldaten, der mit seinen Truppen plündert, hinterrücks erschossen. Das beherzte Eingreifen eines polnischen Arbeiters verhindert, dass nicht noch Schlimmeres passiert. Trotz dieses Einschnitts besteht die Gemeinschaft in allen Wirren des 20. Jahrhunderts: Wirtschaftskrise der 1920er Jahre und Scheitern der Weimarer Republik, Nationalsozialismus und DDR. Ursprünglich begann die Gemeinschaft ihren Dienst in der Familienseelsorge, heute betreibt sie ein Altenheim und einen Gästebereich. Trotz Mitgliederschwund und einem Durchschnittsalter von 78 Jahren herrscht hier eine friedliche und fröhliche Atmosphäre. Beim Abendessen lernen wir den Spiritual Pfr. Palmer kennen, der aus Opole stammt, so dass wir mit besten geistlichen Geleit dorthin fahren.
Unterwegs zu Maria von Opole
Unser Weg in die Bischofsstadt des gleichnamigen Bistums, das 1972 gegründet wurde, ist gut vorbereitet. Polnisch sprechen wir nicht, einen Termin haben wir auch nicht. Dass der 2. und der 3. Mai in Polen Feiertage sind (Nationalflagge und Verfassung), wissen wir vorher auch nicht. Nach der Ankunft in Opole stehen wir deshalb zunächst vor verschlossener Tür. P. Notker spricht einen Mann an, der gerade vorbei kommt. Er spricht fließend Deutsch. So ganz überraschend ist das nicht. Denn wir sind hier in der ehemaligen Hauptstadt Oberschlesiens und in Opole lebt nach wie vor eine deutsche Minderheit. Sie ist aus den Familien entstanden, die nach dem Zweiten Weltkrieg trotz massenhafter Flucht und Vertreibung geblieben sind. Zudem ist Deutsch hier Lehrfach in den Schulen. Der Mann erklärt uns den Weg zur Pfarrverwaltung der Kathedrale. Als wir dort klingeln, treffen wir einen Hausangestellten, der nur Polnisch spricht und uns bittet, kurz zu warten. Kurz danach steht er vor uns: nicht der Bischof, nicht der Dompfarrer, sondern ein junger Diakon. Er heißt Michàl und nachdem wir den Grund unseres Besuchs erklären, ruft er den Dompfarrer an. Dieser bittet ihn kurzerhand, unser Anliegen zu bearbeiten. Somit steht Michàl überraschend vor der Aufgabe, den offiziellen Akt des Eintritts der Kathedrale in den Titelkreis der Gotteshäuser „Maria Mutter Europas“ vorzunehmen.
Maria von Opole, bitte für uns
Wir zeigen Diakon Michàl verschiedene Empfehlungs- und Bestätigungsschreiben, die wir von Würdenträgern und Verantwortlichen der Kirche im Laufe der Jahre erhalten haben. Im Zuge der Aufnahme bitten wir ebenso um einen offiziellen Brief. Diakon Michàl verschwindet daraufhin für 20 Minuten im Büro und bringt uns ein wunderbar formuliertes Schreiben. Besiegelt wird die Aufnahme in die Gebetsgemeinschaft durch Überreichung einer Emaille-Tafel, die an der Wand bei der Ikone Maria von Opole angebracht werden soll und auf den Ehrentitel „Maria Mutter Europas“ hinweist. Die Vollendung dieses Schrittes kann in Opole aber noch dauern, wie wir bei der Besichtigung der Kathedrale erfahren. Sie wird derzeit renoviert und ist teilweise ausgeräumt. Hochaltar und die Ikone Maria von Opole sind derzeit nur in großen Reproduktionen vorhanden, damit Gottesdienste dennoch durchgeführt werden können. Der gotische Backsteinbau, der durch viele Brände, Zerstörungen und Wiederaufbauten in den letzten Jahrhunderten viele Verwandlungen durchlaufen hat, wird durch die Renovation wieder freigelegt. Die Ikone der Maria von Opole – ein Gnadenbild aus dem 15. Jahrhundert – wird dann zusammen mit ihrem neuen Zweittitel „Maria Mutter Europas“ in einer Seitenkapelle neben dem Altar ihren Platz finden. Voller Freude und Dankbarkeit im Herzen verlassen wir Opole und können elf Gotteshäuser in ganz Europa vermelden.
In Jesus und Maria und Josef
Ihr/Euer P. Notker OSB