Selbstverständlich nimmt die Corona-/Covid-19-Krise auch Einfluss auf unser Gemeinschaftsleben im Gebet für ein christliches Europa. Unsere Gedanken sind dabei in erster Linie bei den Erkrankten, die teilweise stark unter den Folgen des Virus zu leiden haben oder gar ihr Leben auf Erden verlieren. Wir bitten für schnelle Genesung und den Schutz der Gesunden und gedenken der Toten in ganz Europa. Mögen Ihnen das ewige österliche Licht leuchten. Viele der Gesunden pflegen die Kranken, arbeiten für den Erhalt der Versorgung und riskieren ihr Leben. Wie viele Ärzt/innen, Pfleger/innen und auch Priester sind bereits erkrankt und mussten ihr Leben für andere lassen! Aber auch diejenigen, die nicht Gefahr laufen, sich opfern zu müssen, können helfen. Bleiben Sie bitte alle nach Möglichkeit Zuhause und unterstützen Sie die Kranken und die Helfer durch Kontaktsperren. Schützen Sie das Leben und verzweifeln Sie nicht über die fehlende Möglichkeit, an Gottesdiensten teilzunehmen. Loben Sie Gott alleine oder in Ihrer häuslichen Gemeinschaft. Unsere Gebetsaufforderung, täglich ein Gesätz des Rosenkranzes zu Ehren Mariens und zum Lobe Christi zu beten, bietet dazu reiche Gelegenheit. Auch bei uns in der Leitung müssen wir unsere Aktivitäten einschränken. Die Teilnahme an der Orgenlweihe im französischen Pfaffenheim in unserer Mitgliedskirche „Notre Dame du Schauenberg“ mussten wir ebenso aussetzen wie die feierliche Aufnahme der Mariahilfkirche im schweizerischen Luzern in den Kreis der Heiligtümer „Maria Mutter Europas“. Auch die dazu geplanten Wallfahrten mussten vorerst abgesagt werden. Wir werden Sie aber weiter informieren und auf eine Zeit hoffen, in der wir wieder ungefährdet auf Reisen gehen können. Bis dahin erhalten Sie wie gewohnt unseren Rundbrief, den 12 Sterne-Kurier, mit Neuigkeiten aus unserem Gebetsverbund. In der letzten Ausgabe haben wir kurz unser neues, zwölftes (!) Mitglied, die Mariahilfkirche in Luzern vorgestellt, zu deren Historie P. Notker eine verehrende Vertiefung verfasst hat:
Gottselige Euphemia – „Pförtnerin des Herzens Jesu“
Im Zusammenhang der Überreichung der Ehrenplakette „Maria Mater Europae“ an die Mariahilfkirche in Luzern übersandte die Theologin Heidi-Ulrike Beck, Bärenthal, welche gerade in Luzern eine Arbeit schrieb, Diakon Urban Camenzind Informations-Material über die geschichtsträchtige Kirche mit dem angeschlossenen ehemaligen Ursulinen-Kloster als Zeugnis der Gegenreformation und Denkmal von nationalem Rang.
Frühe Mädchenbildung
Prominent über der Stadt Luzern am Musegghang gelegen war schon die Entstehung dieses Mariahilf-Komplexes eine weltanschaulich-politische Manifestation. Von 1676 bis 1684 hatten die Ursulinen in drei Etappen Pensionatsflügel, Kirche und Klosterflügel bauen lassen. Nach Hofkirche und Jesuitenkirche war der Mariahilf-Komplex ein weiteres Zeugnis für den Anspruch Luzerns, Zentrum der Gegenreformation in der Eidgenossenschaft zu sein. Auf Anregung von Jost Knab, Stiftprobst und Bischof von Lausanne, und mit Unterstützung der Jesuiten siedelten sich die Ursulinen 1659 in Luzern an. Gemäß ihren Konstitutionen widmeten sie sich hauptsächlich der Ausbildung von Mädchen und Frauen: eine unentgeltliche Töchterschule, ein Pensionat für adelige Töchter (nur ein bescheidenes Kostgeld), eine Sonntagsschule für Frauen und Mägde und ein Seminar für Lehramtskandidatinnen, die zumeist Novizinnen waren.
Wellengang des Gesamtkomplexes Mariahilf
Nicht nur als Lehranstalt strahlte das Luzerner Kloster der Ursulinen. In der Person von Sr. Euphemia Dorer (1667-1752) war eine angesehene Mystikerin in ihren Reihen. Ihre Visionen und ihre Stigmatisation am Fronleichnamsfest 1697 – die fünf Wundmale Christi erschienen an ihrem Körper – machten sie in Luzern und später auch an ihrem neuen Wirkungsort, Freiburg im Breisgau, zur Propagandistin der in der Volksmission wichtigen Herz Jesu-Verehrung. Ein Jahrhundert später, nach dem Überschwappen der französischen Revolution 1798 auf die Eidgenossenschaft setzte die Säkularisation der Ursulinen in Luzern ein. Die helvetische Regierung bestimmte Luzern zum Sitz der neuen Bundesbehörden und das Mariahilfkloster zum Versammlungsort des helvetischen Großen Rates. Die Ursulinen hatten das Gebäude zu räumen. In der Kirche wurde mit dem Bau des Parlamentssaales begonnen, in den Klostertrakten wurden die Kanzleien, Archive und Staatsdruckerei eingerichtet. Noch ehe eine Sitzung stattgefunden hatte, verlegte die Regierung 1799 im Zuge der Kriegswirren den Sitz nach Bem.
Weitere bewegte und bewegende Geschichte
Nach dem Wegzug der helvetischen Behörden wurde die Kirche zwischen 1810 und 1815 wiederhergestellt. lm Jahre 1843 wurden die Schwestern von der Luzerner Regierung für die Eröffnung eines neuen Töchterinstitutes zurückberufen, zur Zeit des Kulturkampfes aber endgültig weggewiesen. Am 8. Dezember 1847 feierten sie zum letzten Mal hier die heilige Messe. Die Räumlichkeiten des Klosters wurden mehrfach umgenutzt, die Kirche bis 2005 zugehörige Kaplanei der Hofkirche. Danach wurde über deren Profanierung (bis hin zum Verkauf als Moschee) nachgedacht, obwohl die Kirche zu den bedeutendsten Denkmälern der Stadt Luzern gehört. Der Verein Pro Mariahilfkirche unter Diakon Urban Camenzind rettete die Kirche als Haus des Gebetes, als Schule und Zentrum für christliche Mystik. Auch die Migrantenseelsorge der römisch-katholischen Kirche des Kantons Luzern erhielt hier Gastrecht, erstmals am 8. Mai 2012. Keine zehn Jahre später wird nun das Heiligtum in den Kreis der zwölf Kapellen in ganz Europa aufgenommen unter dem zusätzlichen Ehrentitel „Maria Mater Europae“, ein betender Verbund von Gibraltar bis Beresniki im Ural, von Reykjavik bis Malta, von der Ukraine bis nach Frankreich, Deutschland, Polen, Österreich, Ungarn, Serbien und nun die Schweiz – Europa-umfassend.
Der Verein Pro Mariahilfkirche Luzern
Seit Anfang 2008 engagierte sich ein kleines Team von Frauen und Männern, darunter zwei Priester und ein Diakon, mit Unterstützung von Bischof Kurt Koch und nun auch von Bischof Felix Gmür, für die Erhaltung und Wiedereröffnung der Kirche. Am 8. Dezember 2008 wurde der Verein „Pro Mariahilfkirche Luzern“ gegründet. Er ist zuständig für die ideelle und materielle Förderung und Unterstützung der Mariahilfkirche als „Haus und Schule des Gebetes“. Als solche prädestiniert für die „Erhaltung der christlichen Seele Europas“ mitzukämpfen.
Die gottselige Sr. Euphemia
Das Kloster der Ursulinen verdankte seine große Ausstrahlung nicht nur ihrer Lehranstalt wegen, sondern auch wegen ihres spirituellen Lebens. Herausragend unter den Schwestern war vor allem Maria Euphemia Dorer. Sie wurde am 7. Oktober 1667 in Baden geboren und starb am 4. März 1752 in Freiburg irn Breisgau. Euphemia war das siebte von acht Kindern des Chirurgen Kasper Dorer und seiner Ehefrau Euphemia, geborene Honegger. Sie trat 1686 in das Ursulinenkloster in Luzern ein. Schon bald wurden ihr mystische Gnaden zu Teil, welche sich bis an ihr Lebensende in Visionen, Einsprechungen und Stigmatisation offenbarten. Auf Geheiß Jesu begründete sie in Luzern die Herz Jesu-Verehrung. Später wurde Euphemia mit demselben Auftrag nach Freiburg gesandt, um die Herz-Jesu-Verehrung im Tochterkloster der Ursulinen von Luzern, als deren Erbauerin Euphemia in die Geschichte ein-ging, die Andacht zum göttlichen Herzen zu verbreiten. Gott möchte nicht irgend-
etwas von uns, sondern eine Beziehung von Herz zu Herz; darum ist die Mitte des christlichen Gebetes eine andauernde Begegnung mit dem lebendigen, heiligen, ewig-liebenden Gott. In diesem Kontext darf die Herz-Jesu-Verehrung verstanden werden, zu deren Verbreitung die „gottselige“ Sr. Eupheınia damals von Jesus beauftragt wurde. Heute noch weisen Bilder und ein “geschnitzeltes“ Herz Jesu über dem Tabernakel in der Mariahilfkirche in Luzern auf diese Zeit hin. Ein Gebet von Teilhard de Chardin (1881-1955) bringt etwas von dieser Herzensreligion zum Ausdruck: Gott, schließe mich ein in die Tiefen Deines Herzens; halte mich fest, läutere mich, entzünde ein Feuer in mir, erhebe mich, bis ich ganz das werde, was Du aus mir gestalten willst, nach dem Abbild deines Herzens. Ähnlich wie es von Theresa von Avila berichtet wird, muss Euphemia seine sehr charmante und umgängliche Persönlichkeit gewesen sein.
Maria Hilfe der Christen damals und heute
Die Schwestern riefen die Mutter Gottes in dieser Gegenreformations-Zeit ganz besonders als „Maria Hilfe der Christen“ an, sie ließen sich dementsprechend auch ein Gnadenbild „Maria Hilf“ anfertigen; es wurde vom berühmten Zuger Maler Caspar Muoss erstellt. Für sein Bild „Maria Hilfe der Christen“ verwendete er als „Zitat“ das Bild von Lukas Cranach dem älteren, das er in äußerst kreativer Weise in seine Komposition einbaute. Und nun 2020, ebenfalls in einer schwierigen Zeit für die Kirche, erlaubt Bischof Felix Gmür (Basel/Solothurn), dass hier an dieser Kirche für die Erhaltung des Christentums in Europa, dass unser Kontinent nicht seine Seele verliert, gebetet wird unter dem Schutzpatronat „Maria Mater Europae“. Welche wunderbare Gnadenstätte ist dieses Schweizer Heiligtum! Amen.
In Jesus + Maria + Josef
Ihr/Euer P. Notker