Den Anfang machte im Februar Unsere Liebe Frau in Pannonhalma/Ungarn, der Marienkirche bei der Benediktinerabtei mitten in der Geburtsregion des heiligen Martin. Dann Doroslovo/Serbien, Geburtsregion von Pater Notker und Erzbischof Robert Zollitsch, unter dessen Leitung im Juni 2019 eine Wallfahrt mitten in die einstigen Siedlungsgebiete der Donauschwaben führen wird. Dann kam als dritte Kapelle diesen Jahres Notre Dame du Schauenberg in Pfaffenheim/Frankreich in unseren europäischen Verbund. Die Verbrüderung führte gleich zu einem zweiten Treffen am 11. November, dem französischen Feiertag, der 2018 ganz im Gedenken an das 100jährige Ende de La Grande Guerre, des Ersten Weltkrieges, stand.
Ein gutes Omen für eine christliche Freundschaft
Der Teninger Kreistagsabgeordnete Hermann Jäger, Initiator dieser Verbrüderung, war vor Ort im Elsass und berichtet: „Domkapitular Bernard Xibaut, Generalsekretär des Erzbistums Straßburg, zelebrierte den Festgottesdienst. Ortspfarrer Winkler aus Rouffach konzelebrierte. Nach der Kirche fand die Gedenkfeier für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges von Pfaffenheim statt. Danach wurde zum „Ehrenwein“ in die Mairie, das Rathaus, geladen. Anschließend ging es in den Gemeindesaal. Nach Begrüßungsworten von Bernard Elbling, Präsident des Kirchenrates, habe ich auf Wunsch der Gemeinde eine Ansprache gehalten und Grüße von Pater Notker, Roland Ströbele und Stefan Blanz überbracht sowie eine Einladung für einen Besuch auf dem Gnadenweiler für nächstes Jahr ausgesprochen. Dabei habe ich auf Sinn und Zweck unserer europäisch-marianischen Gebetsgemeinschaft hingewiesen. Im Festsaal wurde der 12 Sterne-Kurier vom Oktober an die Anwesenden verteilt. Ich habe angekündigt, dass auch von unserer Seite eine Wallfahrt auf den Schauenberg stattfinden wird, was sehr begrüßt wurde. Verschiedene Menschen haben mich angesprochen und sich sehr positiv zu unserem Projekt geäußert. Ich glaube, nun kann sich unser Freundschaftsprojekt erfolgreich auf den Weg machen. Bezeichnenderweise an einem so schicksalsträchtigen Tag wie dem 11. November, an dem in Pfaffenheim auch das Patroziniumsfest ihrer Martinskirche ist. Das ist ein gutes Omen für eine christliche deutsch-französische Freundschaft und ein Leuchtturm im Vorfeld der Europawahlen 2019.“
Wir danken Hermann Jäger nicht nur für seinen anschaulichen Bericht, sondern auch für sein Engagement, das uns diesen bedeutenden Meilenstein zu einem christlichen und geeinten Europa in der Mitte des Kontinents gebracht hat. Alle Gläubigen sind gefragt, an den Wallfahrten teilzunehmen und die freundschaftlichen Bande zu vertiefen, die sich so schnell mit unseren europäischen Freunden eingestellt hat. Gerade in diesen Tagen wissen wir, wieviel Versöhnung, Vertrauen und damit Frieden trotz der kriegerischen Historien geschaffen wird.
Doch damit nicht genug. Auf Vermittlung von Pfarrer Pitzal aus Renningen reiste Pater Notker Anfang November in die Ukraine, wo mitten in der Zwei-Millionen-Stadt Charkiw die Kathedrale des Bistums Charkiw-Saporischschja als zehntes Gotteshaus in unseren Kreis Maria Mutter Europas aufgenommen wurde. Pater Notker erzählt in bewegender Art, was er dort erlebt hat:
Charkiw – Heiligtum „Maria Mutter Europas“ inıder Ukraine
Wenige Tage – vom 3. bis 6. November 2018 – durfte ich auf Einladung S.E. Bischof Stanislaus Szyrokoradiukin in der Ukraine weilen, näher hin in seiner Bischofsstadt Charkiw. Diese Stadt wurde im 17. Jahrhundert gegründet zur Festigung der Südgrenze des russischen Reiches. Im 18. Jahrhundert wurde die Stadt Verwaltııngszentrum eines Gouvernements. Durch den Bau von Eisenbahnen und den Abbau von Eisenerz und Kohle wurde Charkiw zu einem lndustriezentrum. Das 1895 zum Bau von Lokomotiven gegründete Werk Malyshev produzierte später den legendären Kampfpanzer T 34 (mit dem Stalin Deutschland besiegte). Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges wurde Charkiw ob ihrer strategischen Lage heftig umkämpft. Rund 50.000 deutsche Soldaten liegen auf dem Friedhof vor der Stadt, betreut durch die Deutsche Kriegsgräber-Fürsorge. Die Zusammenlegung der im ganzen Land zerstreuten Gräber in diesem würdigen Rahmen ist vorwiegend das Werk von Bundeskanzler Helmut Kohl. Pfarrer Franz Pitzal und ich gingen laut betend durch die Reihen der Namens-Stelen der jungen Soldaten, die hier fern der Heimat sinnlos ihr Leben verloren. Seit dem Zerfall der Sowjet-Union gehört Charkiw zur Ukraine, ein Großteil der Einwohner ist jedoch russischer Abstammung. Auf unsern zwei Rundfahrten durch die heute Zwei-Millionenstadt nıit ihren 5oo.ooo Studenten (!) kamen wir immer wieder zum Freiheitsplatz, doppelt so groß wie der Petersplatz in Rom. Erst vor drei Jahren wurde hier unter Jubel die Lenin-Statue gestürzt. Die Rundfahrt führte uns auch an das KGB-Gebäude, in dem bis zu 2o.ooo Menschen gefoltert und umgebracht wurden. Überall Spuren einer schlimmen Vergangenheit.
Die Charkiwer Kathedrale im Zentrum der Stadt
Das Bischöfliche Palais in Charkiw ist ein Backsteinbau des ausgehenden 19. Jahrhunderts – neogotisch, zeitgleich mit der Kathedrale erbaut. Bei der kommunistischen Machtübemahme wurde aus der Kirche ein dreistöckiger Kinosaal, erst 1992 wurde sie der katholischen Kirche zurück gegeben. Die Kirchturm-Haube wurde auch erst vor werıigen Jahren wieder aufgesetzt. Unser erster Gang war der in die Kirche, die modern, ikonenähnlich ausgemalt ist. Auffallend war, dass am rechten Bogenende zum neugotischen Presbyterium eine große himmelblaue Seidenwand gespannt war, darauf eine Ikone und um das Bild herum die kyrillische Inschrift: Maria Mutter Europas, bitte für uns. Die Dolmetscherin Olga übersetzte uns alles. Den nach dem Rosenkranz anschließende Gottesdienst des Samstagabend hielt S.E. Stanislaus selbst. Die Hostien der Heiligen Kommunion waren wie im Kreis in einer am Rande hochstehenden Patene aufgestellt und wurden in ein kleines Gefäß mit dem Heiligen Blut in der Mitte der Patene hinein getaucht und so den Gläubigen beim Empfang in den Mund gelegt. Langsam, würdevoll. Kein Gedränge, Erde und Himmel begegnen sich. Nach der Messe folgte das Abendessen. Pfr. Pitzal und der Bischof sind durch mehrere gemeinsame soziale Projekte Freunde geworden. Viel war für beide zu regeln, die Zeit viel zu kurz. Bei Rotwein und Wodka verging der Abend wie im Fluge.
Der Weihe-Sonntag, 4. November 2018
In der Kathedrale wurden von morgens früh bis 12.00 Uhr vier heilige Messen verschiedener Sprachen gefeiert. Auf der gegenüberliegenden Seite der Kathedrale gibt es im Armenasyl täglich für rund 100 Personen ein schmackhaftes Essen, von einer Ordensschwester zubereitet. Armentafel, Kleiderdepot und Sanitätsabteilung, Spielzimmer und Lernmaterial, alles durch Bischof Stanislaus in den letzten vier Jahren eingerichtet.
Um 12.00 Uhr war dann der Fest-Gottesdienst, dem Bischof Stanislaus vorstand, Pfr. Pitzal und ich durften konzelebrieren. Auch der Armenisch-Katholische Bischof in byzantinischem Ornat konzelebrierte, beide Bischöfe haben hier ihren Kathedral-Sitz, der eine am Chorbogen, der andere im Presbyterium. Der armenisch-katholische Kirchenteil ist die Kapelle links vorne im Heiligtum, wo auch das Gnadenbild „Maria Mutter Europas“ seinen Platz finden wird. Heute war es am Ehrenplatz am Chorbogen, reich geschmückt. Nach der Predigt des Bischofs durfte ich die Geschichte der Gebetsgemeinschaft „Maria Mutter Europas“ schildern bis hin zu der jetzt zehnten Gnadenstätte. Auch hier konnte ich nun die Ehrentafel „Maria Mater Europae“ übergeben. Olga, die Dolmetscherin, hatte Schwerstarbeit zu leisten. Pfr. Pitzal sprach das Weihegebet und Bischof Stanislaus segnete das Bild. Unbedingt erwähnen will ich, dass vor dem Altar sieben Kerzen vor sieben Kreuzen für die in der Ost-Ukraine gefallenen Soldaten brannten, deren Angehörige hierher nach Charkiw geflohen sind.
Das Armenasyl, das ich nach dem Mittagessen besuchte, war stark frequentiert. Die Watte-Jacken und die Mäntel fanden guten Absatz, weil die Kälte in diesen Tagen hereingebrochen war. Und jeder wollte ein Foto, wie er vom deutschen Benediktiner-Pater gesegnet wurde.
Drei Häuser am Rande der Stadt
Seit 2012, also erst in den letzten Jahren, widmen sich in Charkiw die Orionistinnen, Missionarinnen der Barmherzigkeit, alleinstehenden Müttern hier im Elend der Großstadt. Die drei Ordens-Schwestern leben mit den jungen Frauen und ihren Kindern in einem Asyl zusammen. Das sprach sich bald in den Geburtsstationen der Krankenhäuser und in den Ämtern der Stadt herum. Ein zweites Haus musste errichtet werden. Hier wohnen derzeit vier Frauen mit sechs Kindern. Nachbarn eines größeren Anwesens sahen dieses karitative Engagement und boten ihr Haus zum Kauf an, das zur Zeit innen und außen erneuert und für den sozialen Zweck umgebaut wird. Inzwischen wohnen im dritten Haus neun Frauen mit ihren 16 Kindern. Ziel ist es, die alleinstehenden Mütter in ein eigenständiges Leben zu begleiten. Jede Frau hat ihr eigenes Schicksal, von der Bordell-Dame bis zur Studentin. Die jüngste Mutter ist gerade mal 16 Jahre alt. Die Schwestern ziehen Volontäre, Psychologen und Juristen hinzu, um diese Frauen zu unterstützen. Jede Mutter hat ihr eigenes Zimmer, auf jedem Stock gibt es eine Küche, WC, Wäscherei, Depositum u.a. Die Kinder verbringen den ganzen Tag mit Erzieherinnen, während ihre Mütter beim Studium oder bei der Arbeit sind. Sr. Renate, die begnadete Oberin dieser Häuser, bat uns mit Sport- und Spielausrüstung für rund 8.5oo.- Euro zur Seite zu stehen. Pfarrer Pitzal hat zu einem Kinderwerk hier in Deutschland gute Beziehungen und will mit der Martinus-Aktion und mit den Sternsinger-Geldern seiner Pfarrei auf diese Anfrage antworten.
In Jesus und Maria und Josef
Ihr/Euer P. Notker